05 Januar, 2009

schnee und theorie

guten tag.

mir ist vollends bewusst, dass meine praktisch angewendeten literatur- und theaterwissenschaftstheorien schon sehr lange zurück liegen, ich also überhaupt nicht mehr up to date bin und ehrlich: ich würd auch gern mal wieder was lesen und benutzen, zum denken. aber: mach ich nicht. ich lese nämlich schon andere dinge, wie zum beispiel sluggy freelance oder die dirty havana trilogy von pedro juan gutiérrez und deswegen sieht's mit der theorie schiete aus. nichtsdestotrotz fiel mir eben ein alter theoretischer gedankengang ein, der mich in meiner magisterarbeit interessiert hat. es handelt sich um eine kleine idee von wolfgang iser, der sagte, dass zwischen allen menschen eine unbekannte im verständnis liegt, die dafür sorgt, dass man sich nie sicher sein kann, dass der andere genauso denkt wie man selber. es ist also immer unklar, ob das gegenüber, so vertraut er oder sie auch sein mag, die gleichen empfindungen hat, die gleichen gedankenblitze, den gleichen erfahrungshintergrund. deswegen, weil man's nicht weiss, sind wir prinzipiell alle ungleich.

vor diesem hintergrund (und ohne ihn ins positive aufzulösen, schließlich führ ich hier nen intelli-blog) steht nun: der schnee von heute. gestern nacht, als ich von einem sehr guten theaterstück (apropos intelli und apropos performativitätstheorien: ich empfehle rené polleschs "tod eines praktikanten" von gestern und auch schon jetzt "du hast mir die pfanne versaut, du spiegelei des terrors", premiere in der volxbühne am mittwoch) wiederkam und mit meinen 10 zentimeter absätzen den berg in meiner straße hochlachte und -rutschte, wollte ich eigentlich rein ins gemach, kamera holen, nichtexistenten schlitten durch plastiktüte ersetzen, kamera auf aufnahme drücken, mich im schneetreiben auf plastiktüte setzen und denn "vorsicht, ich komme!" in die dunkelheit brüllen und den berg runterglitschen. es war aber leider schon ein bisschen zu spät und ich nicht mutig genug, die nachbarn wachzubrüllen.

heute morgen allerdings, als ich aus der haustür trat, gab es ein winter wonderland: allet weiß! und dazu ne goldene morgensonne. ich fand es ganz köstlich, wie der schnee den himmel bläulich reflektierte und dazu dieses milde orange der sonne ein farbiges gegengewicht setzte. ich rannte zum bus und fuhr in richtung arbeit. als ich am tiergarten vorbeifuhr, blieb mir fast die luft weg. mann, war das SCHÖN! die bäume, alle verschneit, die wiesen weich und weiss und die sonne, die blau-orange-funkelnd durch wipfel strich. wunderbar. ich bekam die beste laune seit langem. was bestimmt auch an madsen lag, die mir ins ohr sangen, dass ich so sei wie ich sei. was unbestritten wahr ist.

was hat dieser schneegenuss nun mit wolfgang iser zu tun? folgendes. ich komme zur arbeit, es gibt die obligatorische montags-morgens-redaktionssitzung und ich sehe sus, die strahlt und witzchen macht. und vorschlägt, dass wir alle mal dringend ne schneeballschlacht machen müssten, jetzt. sie ist nämlich mit dem fahrrad durch ebenjenen tiergarten gefahren und hat die ganze pracht des schnees und der sonne in ihren geist aufgenommen. und hat deswegen hammerlaune. so wie ich. also: fuck wolfgang iser. zumindest sus und ich haben heute überhaupt keine unbekannte zwischen uns. der schnee überbrückt alle differenzen. happy new year.

2 Kommentare:

Bibi Blogsberg hat gesagt…

auch wenn ich jetzt weit weg in der sonne bin, ich habe all das auch gefühlt, keinen ganzen tag lang aber fast. und, nur zur info: das ganze land war so. zumindest entlang der schienen. an schnee nicht mehr zu denken. dicken kuss, ka

animaldelmar hat gesagt…

mann, mann. weit weg in der sonne. hier scheint heute auch wieder die sonne. die spree friert langsam zu, dafür blüht mein herz auf (all dieses LICHT! - esa luz!) und mir macht das leben mal wieder spass. vermisse dich schon jetzt. komma bald wieder!