11 August, 2015

Strudelschillern - Wasserwandern im Nationalpark Müritz - Die Reise


Ein Herz für Seerosen
Tag 2: Vilzsee - Rätzsee - Gobenowsee. Übernachten auf dem Campingplatz Gobenowsee. Auch hier wieder singende Christen und wahnsinnig viele Teenager. Und Sachsen. Die Müritz ist ein Paradies für Sachsen, Teenager und Sänger. Sie ist aber auch einfach ein Paradies.

Seerose im Vilzsee. Foto: Simon Rauterberg

Tag 3: Gobenowsee - Labussee - Canower See - Kleiner Pälitzsee - Großer Pälitzsee - Ellbogensee - Großer Priepertsee. Übernachtung auf dem Campingplatz in Priepert.

Woblitzsee
Tag 4: Großer Priepertsee - Wangnitzsee - Drewensee - Wesenberg. Übernachtung in der Kanumühle Wesenberg - supertolle Location, obwohl die Schnellstraße direkt daneben ist. Supernettes Team, wir konnten spontan einen Bungalow mieten und es gab den leckersten Kaffe und das leckerste Frühstück der ganzen Reise. Campingplatz auch mit der gemischtesten Gruppe an Gästen. Hier war nicht nur Säggsisch und Schwäbsch am Start, sondern auch genäseltes Norddeutsch und breite Berlina Ickes.

Sonnenuntergang am Woblitzsee
Tag 5: Woblitzsee - Großer Labussee - Useriner See. FKK-Campingplatz am Useriner See. Der schönste Campingplatz von allen. Neben uns im Nachbarzelt schläft ein Herr, den ich liebevoll "Der Koloss" nenne, ein Herr, der in seiner Freizeit gern ins Fitnessstudio geht und dort die ganz schweren Hammer hängt. Mit einer Frau, die ihn dabei offensichtlich häufiger begleitet und einen Hintern hat, der dem eines Mannes Konkurrenz macht. Abends gibt es einen Singkreis am Feuer, der von einer Dame mit einer sehr, sehr schönen Stimme geführt wird. Wir liegen also im Zelt und lauschen leise, als - quasi als Anti-Konzert - aus dem Nachbarzelt die ersten Schnarchtöne erklingen. Als ich morgens um sechs erwachte und die Sonnenaufgangfotos schoss, schnarcht der Koloss immer noch. Bewundernswert seine Obertonvariationen! Aber auch die Bässe sind nicht von schlechten Eltern. Ich danke dem lieben Gott für Ohrstöpsel und gehe wieder schlafen.

Morgenstund hat Gold im Kajak
Tag 6: Useriner See - Zierzsee - Görtowsee - Jäthensee - Fischerei Babke. Dann Kanutaxi zum Leppinsee und zurück nach Mirow über das Granzower Möschen.

Auf dem Jäthensee werden wir vom Koloss und seiner Herzensdame im Kanu überholt. Sie sitzen beide hinten und lassen ihre kolossale Muskelkraft spielen, der Kraft der zwei Paddel auf gleicher Höhe. Wie Obelix schießen sie in einer Schnelligkeit über den See, die ich ehrlicherweise kleinlaut einfach nur bewundere. Der sehr ansehnlichen Muskelkraft meines Freundes und meiner Ex-Langstreckensportlerin-Hirnbeklopptheit ist es zu verdanken, dass ich nicht sofort in eine tiefe Depression verfalle.

Die Fischerei und Wehr Babke ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Ostchic und bester Fisch, kombiniert mit einem eiskalten Bier. Herrlich. Für das Kanutaxi hängen vor Ort Nummern aus. Eingestiegen wird mit dem Kanu dann auf dem Campingplatz am Leppinsee. Die Strecke von Leppinsee bis Mirow ist nicht zu unterschätzen, speziell bei 30 Grad, Winden und einem schon durchpaddelten Morgen.

Duckface. Foto: Simon Rauterberg
___

FAZIT

Das, was es nicht war: Romantisch. Zelte haben einfach nicht so dicke Wände. Kulinarisch versiert. Aber wer Fisch mag und Wurst (ich) und Bier (ich), der kommt auf seine Kosten. Körperlich teils anstrengend. Waren ja doch ein paar Seen.

Das, was es war: Großartig. Nah. Einfach zu erreichen. Gesund. Erfrischend. Unabhängig. Preiswert. Meditativ. Wasser, Wind und Natur ein Geschenk. Unbedingt zu empfehlen für Menschen mit Hang zu Metaphysik und Kaltgetränken.

Sonnenaufgang am Useriner See

Weiterlesen >>>

Strudelschillern - Wasserwandern im Nationalpark Müritz - Info und Anfahrt

Ich schreibe heute mal ganz ohne Floskeln. Kein "Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?" Kein "Pack die Badehose ein, nimm Dein kleines Schwesterlein...". Nein. Heute gibt es knallharten Reisejournalismus. Aus Mirow. Der Ortschaft südlich der Müritz, in der die englische Königin Sophie Charlotte geboren ist. 1744. Boom.


Die Metaphysik des Wanderns wiederholt sich in der Metaphysik des Wasserwanderns. Beim ersten bekommt man stramme Waden. Beim zweiten straffe Arme und eine Bräune, als wäre man in Kakao gegossen, trotz Lichtschutzfaktor 30 alle paar Stunden. Wer klug ist, zieht sich zum Wasserwandern was an. Dann gibt es so schöne Streifen wie beim Wandern. Wer doof ist (ich), tut das nicht.

Schmeichelhaftes Foto: Simon Rauteberg
Wasserwandern im Nationalpark Müritz. Sechs Tage. 15 Seen. Schönstes Wetter bei 28 Grad. Nachts zelten. Wir sind als Pärchen im 2er Kanadier gefahren. In weniger modernem Deutsch: ein 2er Kanu. Eine Barke, riesengroß. Da wir Zelt, Schlafsäcke, Isomatten und immer auch etwas Bier

Es gibt kein Bier auf Hawaii, es gibt kein Bier...
transportieren mussten, hatten wir zwei Packtonnen (groß), einen wasserfesten Packsack für das Zelt, einen wasserfesten kleinen Packsack für die neue Kamera und Kladderadatsch im Kanu dabei. Die Schwimmwesten, Wasser, Flip Flops. Für einen stressfreien, liebevollen Urlaub rate ich zu folgendem:
  1. Wer kann, mietet ein Kajak. Viel leichter, viel entspannter, viel schneller.
  2. Wer kann, mietet als Pärchen zwei Einer-Kajaks. Viel leichter...
  3. Wer doof ist, oder zu spät dran, oder Bock darauf hat, sehr langsam das Leben zu genießen, mietet ein Kanu. Wir waren zu spät dran
  4. Wer ein Kanu mietet, versuche, so wenig Gewicht wie möglich mit zu nehmen, so dass das Geschipper nicht zur seriösen Schiffahrt gerät
  5. Ein kleines Mädchen auf einem Kajak sang auf einer Wasserstraße ein schönes selbstgedichtetes Lied: "Der See tut weh, der See tut weh." Ich stimme ihr zu. Wer auf den großen Seen keine Armkraft hat (ich) und keine Geduld (ich), der könnte leicht gereizt werden durch Strömung, Winde etcetera (ich)
  6. Dachte nicht, dass ich je Verfechter von Kühltaschen werden würde. Aber wer seine Getränke kalt mag, braucht eine. Wer Essen mitnimmt, auch
  7. Unbedingt einen Sonnenhut, Sonnenbrille und LSF 50
  8. Wer hinten sitzt im Boot, ist klar im Vorteil. Vorne ist Arschplatz
  9. Ohrstöpsel für Campingplatz nicht vergessen. Es kann vor singenden Jugendlichen wimmeln. Im schlimmsten Fall sind es Christen
  10. Familie mitnehmen. Hund auch. Liederbuch und Gitarre. Machen alle so
Country roads, take me home to the place I belong, West Virginia, mountain mama, take me home, country roads

Anreise: bis Mirow mit dem Zug, dann Taxi bis Kanubasis Mirow nehmen (11 Euro). Gepäck und Boot klarmachen. Lospaddeln. Am ersten Tag sind wir bis zum Mössensee gefahren, das sind 9 Kilometer. Die Wasserwanderwiesen sind immer direkt am Wasser ausgeschildert und die Campingplätze zum großen Teil eines Kaisers würdig. Alle im nächsten Post genannten Tagesstrecken sind im Durchschnitt 15 Kilometer lang. Erster Tag weniger, letzter Tag mehr. Alle Seen haben tolles Wasser zum Schwimmen - es scheint mir, als ob der Leppinsee das schönste hatte.

Ich wurde gebeten, etwas über die Mücken zu schreiben - von Herzen gern. Heute auf radioeins gab es ein Interview mit einem Mückenforscher. Er sagte, dass manche Menschen aufgrund der genetischen Beschaffenheits ihres Schweißes und dementsprechend Körpergeruchs eher gestochen werden als andere. Ich freue mich, dass mein genetisch eher südländisch ausgerichteter Körpergeruch auf Mücken nicht besonders attraktiv ist. Der meines Freundes hingegen schon. Von daher sah er nach zwei Tagen aus wie ein Survivalcampüberlebender... und ich nicht. Der Experte sprach davon, dass Repellent wie Anti-Brumm oder Autan helfen würde (ach), das aber auch ätherische Öle wie Teebaumöl (ih) oder Zitronenöl (lecker) helfen würden, die Mücken zu vertreiben. Lange Rede, kurzer Sinn: es gibt GANZ viele Insektenbiester dort. Nehmt ausreichend Repellent mit und seid schlagkräftig. Die Bremsen stört auch das Autan nicht.

Ausgebaute Bootsgaragen am Rätzsee - will dringend haben
Frau Zwilling mag Makro. Kleechen vor Burg Wesenberg
Kleine Badende am Rätzsee
Die Möven flogen auf mein Kommando. Sonnenuntergangskitsch am Woblitzsee
Weiterlesen >>>