08 Juli, 2010

die innenhofsymphonie, teil 2


vor einiger zeit schrieb ich einen post über die herrlichen geräusche, die mein innenhof von sich gibt. dies war zu den guten alten zeiten, als in meinem innenhof menschen lebten, die rücksichtsvoll waren und ihre fenster schlossen, wenn sie musik hörten. die bar aus dem erdgeschoss bot kein essen an. ich erinnere mich, dass an dem tag, an dem ich postete, ein streichquartett musizierte. ich war fasziniert.

heute (as in "heutzutage") ist die situation eine andere. da ich zur zeit von zu hause aus arbeite (übersetzungen, korrekturen etc) sitze ich jeden tag lang an meinem schreibtisch. dieser steht neben meiner offenen balkontür. neben den alltäglichen geräuschen von abwaschen und staubsaugen (in meinem haus wird erstaunlich viel staubgesaugt) gibt es eine musikquelle, die spanisch ist. ich bin völlig für spanische musik. sie ist anregend und macht spaß.
die spanische musik ist auch um ein tausendfaches besser als die schlager, die die komischen menschen aus dem erdgeschoss des nachbarhauses manchmal anmachen.

die bar aus dem erdgeschoss hat jetzt eine neue besitzerin. diese bestimmte, es gäbe jetzt in der bar auch warmes essen. natürlich geht die küche der bar nach hinten raus, also in den innenhof. ich habe bis jetzt noch kein abluftsystem entdecken können. es riecht jeden tag nach gebratenem fleisch, gebratenen kartoffeln und gebratenen eiern. das ist weniger schlimm als das schnitzelklopfen.

niemals hätte ich gedacht, dass ich mich mal mit dem thema "schnitzelklopfen" literarisch auseinandersetzen müsste. aber muss ick. denn: JEDEN tag kommen irgendwelche asi-idioten in die bar und wollen für billig geld schnitzel essen. dann geht der koch in die küche und fängt an, schnitzel zu plätten. man möchte meinen, ein paar schläge wären genug, aber nein - DIESE schnitzel wollen hauchzart geschlagen werden. wahre plattnerkarrieren finden vor meinen ohren dort unten in der küche statt. kein scheiß. jedes
schnitzel: mindestens 30 schläge. VIELE asis kommen täglich in diese bar. es ist ein klopfkonzert und nervt. dann wiederum - was soll ich machen? hingehen und sagen: "ey, ihr klopft zu laut und es stinkt?" schlagen die dann leiser? bauen sie eine abluftanlage ein? eben.



apropos klopfkonzert: mein haus, das nachbarhaus und die umgebung haben ein faible für alles, was hämmert, schraubt, fräst, sägt, nagelt, wummert und ansonsten baulärm machen kann. ich verstehe nicht: ich stehe jeden tag nur auf und das schlimmste, was ich an lärm mache, ist musik. aus anderen wohnungen ertönen geräusche, das man denkt: kernsanierung.




dann gibt es die frau, die neu mit ihrem freund zusammen ist und täglich nach der arbeit orgasmiert. es gibt die haareföhner, die fenster- aneinanderklappernlasser, die doofen, die auf dem balkon telefonieren (ich - mein empfang ist so shit), die ewig quälend miauende katze...












das quakende baby und zwei bis drei menschen, die sich ständig und laut irgendwo asistreiten. die duschen und klospülungen. oh und natürlich die flaschen, die täglich en masse (die bar) in die flaschencontainer geschmissen werden. die mülleimer, die über türschwellen gezogen werden.
















ich als chronist dieser unserer zeit muss nun abschließend sagen: früher war alles besser. nur: stimmt gar nicht. zille schrieb schon vor einem jahrhundert über die jenau selben zustände und malte dazu großartige bilder.

von daher hör ich jetzt einfach mit meiner lautlosen litanei auf, setze mich mit zen-artiger gelassenheit auf den balkon und höre einfach weg.


3 Kommentare:

Frenzy: hat gesagt…

zille ist wahrlich ein toller zeichner, gucke mir diese bilder von ihm über meinem klavier immer wieder gern an!

jubeltrubelheiterkeit, ich liebe das altbau-häuser-leben.
thx for inviting me again, babe.

Bibi Blogsberg hat gesagt…

Ach ja, die Berliner Hinterhofgeschichten. A pain in the ass und gleichzeitig doch auch schön.. mir rollt eine kleine Träne aus dem rechten Auge, weil ich beim lesen echt lachen musste. Auch ob deines Versuchs der stoischen Gelassenheit... Würdest du nicht gerade rund um die Uhr zuheise sein, würds dir wahrscheinlich nicht so auf den Senkel gehen.

Mir fiel übrigens gerade meine letzte Hinterhof-Geschichte ein. An meinem letzten Tag in Berlin, während ich meine Tasche packte, wurde ich von diesem Stöhnen ans Fenster gezerrt. Für einen kurzen Moment hörte ich genüsslich zu, dann kippte es aber ganz schnell ins "ach komm Leute, machts Fenster zu". Als es irgendwann kurz vor Klimax war, dachte ich, was die Kinder, die unten im Hinterhof spielten, wohl denken wenn sie Erwachsene stöhnen hören. 'Haben die Aua??' naja, als es dann vorbei war, taten mir die Stöhner auch direkt wieder leid.

Ich vermisse Sie sehr Frau Twin.

inga von k hat gesagt…

isch liebe disch. eigentlich immer. aber ganz besonders, wenn du solche sachen schreibst, die dann auch noch so wunderbar zu ende gehen, als ob es da aufhört, wo es angefangen hat. baby, du bist mein idol. so. ich verkrampfe mich jetzt wieder an meinem schreibtisch, um komische interviews mit maledivischen hotelbesitzern zu transkribieren in einem haus, in dem zufällig auch kernsaniert wird. achso, ich hätt gern ein schnitzel mit orgasmus! danke.